Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Mutwort von Pröpstin Kallies: Kein Frieden ohne Gerechtigkeit

Pröpstin Petra Kallies Copyright: Philine Eidt

Am 24. Februar begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Seit drei Monaten sprechen die Waffen. Pröpstin Petra Kallies teilt im "Mutwort" ihre persönlichen Gedanken zum christlichen Glauben in Zeiten des Krieges. Sie ist überzeugt: Ohne Gerechtigkeit kann es keinen Frieden geben. 

Wie stehen Christ:innen zu Krieg und Frieden?

Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. 
Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Jesus hat diese Sätze gesagt – sie klingen verheißungsvoll und tun der Seele gut. Aber geht es Euch wie mir?: kaum sind sie verklungen, reagiert mein Kopf mit „Aber…!“ Aber: ist das realistisch angesichts eines Angriffskriegs? Wie stehen Christinnen und Christen zu Krieg und Frieden?

Kirchen haben sich nicht immer klar positioniert

Selig sind die Sanftmütigen… Zu loben sind die Friedfertigen: sie dürfen wissen, dass Gott hinter ihnen steht. Krieg soll um Gottes Willen nicht sein! Davon bin ich fest überzeugt. Trotzdem weiß ich, dass auch die Kirchen sich nicht immer konsequent gegen Gewalt und Krieg positioniert haben. Bleiben wir bei uns: die Kriegspredigten des 1. Weltkriegs sind unerträglich zu lesen, und die Hitlertreuen „Deutschen Christen“ haben sich tief versündigt an Gott und den Menschen.

Heute ist der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill von Moskau ein Steigbügelhalter Putins, und um der zerbrechlichen weltweiten Ökumene willen vermeiden viele Kirchen den doch eigentlich dringend nötigen geschwisterlichen Konflikt. Am mutigsten sind Russ.-Orth. Priester, die ein großes persönliches Risiko eingehen, wenn sie die Irrwege ihrer Kirchenleitung beim Namen nennen.

Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Am 6. und 7. Mai hat unsere nordkirchliche Landessynode zwei Tage lang über Friedensethik diskutiert. „Krieg soll um Gottes Willen nicht sein!“, darüber besteht uneingeschränkte Einigkeit. Doch was heißt das konkret? Viele haben die Sorge geäußert, dass Friedenspolitik der Vergangenheit angehört, denn in der Öffentlichkeit wird jetzt sehr schnell über Aufrüstung, Wiedereinführung der Wehrpflicht etc. geredet.

Was dient dem Frieden?

Was dient dem Frieden? Das haben die Delegierten kontrovers und sehr ernsthaft diskutiert. Konkret: sind Waffenlieferungen an die Ukraine „möglich“, oder gar „geboten“? Ich persönlich halte es für geboten; alles andere in meinen Augen wäre unterlassene Hilfeleistung. Gleichzeitig weiß ich, dass konsequente Pazifist:innen sich in ihrer Argumentation besser auf Jesus beziehen können als ich:

Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Ohne Wenn und Aber sagt Jesus das.
Ich meine, solche Debatten, in der Menschen einander wirklich zuhören, nachfragen und abwägen, solche Debatten müssen wir auch gesamtgesellschaftlich führen – das braucht mehr Zeit und macht mehr Mühe als ein abendlicher Schlagabtausch in Talkshows.

Das ukrainische Volk hat das Recht, seine Freiheit und Identität zu verteidigen. Ohne Waffen wird sich in der Ukraine kein Frieden schaffen lassen. Aber allein auf Waffen zu setzen, wird auch keinen dauerhaften Frieden bringen.

Natürlich hatte die Synode keinen Lösungsplan; doch das darf uns nicht daran hindern, Besorgnis auszudrücken: die Rüstungsausgaben sollen steigen - bei gleichzeitiger Reduzierung der Entwicklungshilfe. Ich meine, das kann nicht die Alternative sein. Mehr Waffen und weniger Bildung wird die Welt nicht friedlicher machen. Ganz im Gegenteil. Deshalb setzen wir uns als Nordkirche auch auf politischer Ebene klar für friedensstiftende Maßnahmen ein – für mehr Gerechtigkeit, Klimaschutz, Entwicklung und Bildung.

Gott stärkt Friedfertigen den Rücken

Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden.
Darin steckt eine große Verheißung und unendlich viel Trost: es wird so sein! Werdet nicht müde, gebt die Hoffnung nicht auf –allem Bösen zum Trotz.
Gott stärkt den Friedfertigen den Rücken. Darum bete ich und darauf will ich mich verlassen. Amen.

Das "Mutwort" von Lübecks Pröpstin Petra Kallies können Sie auch auf dem YouTube-Kanal des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg ansehen. Die Erklärung der Landessynode der Nordkirche lesen Sie hier